Es hat seine Vorteile, fast eineinhalb Jahrzehnte in Berlin gelebt zu haben. Ausserhalb der Stadt umweht einen so ein latent mythologisches Gedunst aus Kleinkriminellenrap, Galeriengründergeist, im Club auf der Tanzfläche bumsen und im Sonnenaufgang den besten Freund besoffen von der Oberbaumbrücke in die Spree schubsen. Berlin. Raues Pflaster. Krasse Stadt.…
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Kürzlich habe ich an meinem ersten Poetry-Slam teilgenommen. Eigentlich nicht so mein Format, um ehrlich zu sein, mir ist diese Mischung aus Comedy und Poesie ein bisschen unheimlich. Aber man kann ja nicht immer auf seinen Vorurteilen hocken bleiben. Also habe ich einen Text geschrieben. Einen eher poetischen. Und bin…
4 KommentareMartin Haug, Jahrgang 1955, war ein paar Jahre lang in Basel-Stadt die Ansprechperson für alle, die nicht nur die „normalen“ Hürden des Alltags bewältigen müssen. Der in Bern geborene Vater von vier Kindern war Inhaber der Fachstelle Gleichstellung von Menschen mit einer Behinderung. Bis Ende 2016, als diese Fachstelle im…
Ein KommentarIhr Wunsch sei es, dazu beizutragen, „den Informationsstand innerhalb der Gesellschaft zu erhöhen“. So steht es in der Projektbeschreibung, mit der Sandra Forrer sich und ihr Kunstprojekt „In Between“ Ende 2016 beim wildwuchs Festival bewirbt. Das Festival bietet für Forrer die ideale Plattform: In Zusammenarbeit mit den Universitären Psychiatrischen Kliniken…
3 KommentareIn „Sein erstes Mal“ portraitierte ich S., der anonym bleiben wollte. Heute, anlässlich des World Bipolar Day, hat er mir geschrieben, würde er er sich outen. Öffentlich machen also, woran er leidet und wer er ist. Damit das verdammte Tabu fällt, über psychische Krankheiten zu sprechen. Hier ist sein Text, den…
Schreib einen KommentarRegula Lüthi, Direktorin der Abteilungen Pflege, Soziale Arbeit und Medizinisch Technische Dienste an den UPK Basel, schaut mich etwas überrascht an: „Ich wüsste nicht, wie man darauf kommen könnte, nicht darüber zu sprechen“, sagt sie. „Solange man nicht kokettiert mit dem Thema, heisst das, oder es als Drohung einsetzt“. „Das…
2 KommentareEigentlich sollte dieser erste Text vom ersten Mal handeln. Vom ersten Mal Psychiatrie, um genau zu sein. Davon, wie ein Mensch, der sich bis dahin zu den einigermassen „Gesunden“, den halbwegs „Normalen“ zählte, den sprichwörtlichen Gang nach Canossa antritt und sich einliefert. Weil er (oder sie) nicht mehr weiss, wie…
5 KommentareAm Freitag, dem 17. Februar 2017, erscheint der erste Text meines Storytelling-Projekts für das wildwuchs Festival, das sich vom 1. – 11. Juni 2017 wieder mit kontroversen Themen aus dem Bereich der Inklusion und Exklusion beschäftigt. In meinem Projekt widme ich mich bis Juni 2017 einmal monatlich dem Thema „Psychiatrie, Kunst und…
Schreib einen KommentarHeute geht es um ein Theaterstück, das in der Wirklichkeit spielt. Um Giorgio, den man womöglich anders schreibt, der vielleicht anders heisst, der schwarze Fingernägel hat und einen Zottelbart und abgerissene Klamotten. Der mit seinem von Klebeband zusammengehaltenen Akkordeon am Barfüsserplatz sass und sang. Er war mir in den letzten…
2 KommentareEs ist schwierig, über eine Produktion zu schreiben, wenn man die Leute auf der Bühne mag, kennt oder beides. Bei Jeremy Nedd habe ich das Gefühl, ihn zu kennen. Auf jeden Fall mag ich ihn. Obwohl ich im Grunde von ihm kaum etwas weiss. Ausser, dass er sehr höfliche und…
Schreib einen Kommentar„Die Kunst“, sage ich zu ihr, und es entsteht eine lange Pause, während der wir bedeutungsschwanger ins Nichts starren. „Die Kunst“, wiederholt sie nach etwa sechs Minuten, dann stehen wir auf und nehmen unsere Plätze in der vierten Reihe des Theaters wieder ein. „Fauvel“ wird gegeben, die Uraufführung eines Vokaltheaters.…
Schreib einen KommentarHannah gehört zu keiner akut bedrohten Tierart. Sie ist kein Flüchtling, kein von Überwachungskameras dokumentierter Fall willkürlicher Gewalt, keine Hungernde. Sie hat keinen Herzfehler, ihre Eltern leben noch, sie ist nicht arm. Niemand verfolgt sie ob ihrer politischen, religiösen oder sexuellen Neigungen. Weder wurde Hannah im falschen Körper geboren, noch…
Schreib einen KommentarEigentlich sollte das eigene Gehirn einen ja mögen. Schliesslich trägt man es durch die Weltgeschichte, füttert es mit Geschichten, Bildern und mit gesundem Essen, Sonnenlicht, guten Büchern und von Zeit zu Zeit mit gutem Schnaps. Bei meinem Gehirn ist irgendwas grundlegend schief gelaufen. Genauer gesagt: es läuft permanent schief. Mein…
Schreib einen KommentarHerr Krebs, welche Fragen hören Sie am häufigsten im Zusammenhang mit dem Preis? Neulich wollte einer wissen, was er mir bedeutet. Ich sagte: naja, macht schon fröhlich, ist aber auch komisch. Die Auszeichnung kommt ja auch für den Verlag und für den Buchladen, und das sind beides Sachen, die ich…
Schreib einen KommentarEs gibt Gespräche, die man kaum wiedergeben kann. Das Interview mit Alessandro Schiattarella ist so ein Fall. Zwei Minuten, nachdem ich mich zu ihm an den Fenstertisch im Café Flore an der Klybeckstrasse gesetzt habe, geht es schon um die ganz grossen Dinge: Erfolg, Angst, Normalität, Schönheit, Zugehörigkeit, Scheitern, Macht.…
Schreib einen KommentarFünf Minuten nach Beginn der Vorstellung lehnt Simon sich zu mir rüber und murmelt: „Schon das war besser als der gesamte letzte Abend“. In den folgenden knapp eineinhalb Stunden nickt mein wie immer bunt gekleideter Sitznachbar noch ein paar Mal zustimmend mit dem Kopf. Ihm gefällt scheinbar, was er da…
Schreib einen KommentarDiverse Konstellationen, in denen Menschen ihre Sehnsucht nach Nachwuchs nicht einfach so erfüllen können, landen in „Ein Kind für alle“ auf der schlichten Bühne. Um zeugungsunfähige Männer und Frauen geht es, um dänische Samenbanken, indische Leihmütter, jüdische Adoptiveltern und interkontinentale Geschwisterpaare. Der wesentliche Unterschied zu den meisten Beiträgen, die zu…
Ein KommentarDer junge Mann, der mich zur Drummeli-Premiere begleitet, ist gebürtiger Basler. Luis Manuel ist Jahrgang 1994, zur Hälfte Portugiese und seit seiner Kindheit von Musik begeistert. Seit er 12 ist, spielt er selber Schlagzeug, unter anderem in einer Jazzband. In seiner Freizeit legt er auf. Die Fasnachts-Trommelei war für ihn…
Schreib einen KommentarKLISCHEES. Reden wir kurz über Vorurteile. Das des harten Mannes, beispielsweise. Über echte Kerle und toughe Typen. Männer, die sich nicht haben aufweichen lassen von Genderwahnsinn, Homophilie und lästigen Gerüchten über irgendeinen Klimawandel. Unter diesen Pfosten des Patriarchats kursiert das Gerücht, Künstler seien allesamt Diven und empfindlich wie Mimosen. Mit…
Schreib einen KommentarDas wird ein Verriss. Schon Tage vor der Premiere von „Jesus Christ Superstar“ geistert mir dieser Gedanke durch den Kopf. Ich mag Musicals nicht. Sie sind mir zu bunt, zu schwülstig, zu zwanghaft-fröhlich und zu plakativ. Ich werde mich lustig machen müssen über verkleidete Leute, die mit weit aufgerissenen Augen…
Schreib einen KommentarSchwalben. Nach einer Dreiviertelstunde gelingt es mir endlich, die Vögel zu identifizieren, die zu hunderten auf ihren grauen Schlabberpulli gedruckt sind. In meinen Notizblock hatte ich zu Beginn unserer Unterhaltung „Möwenpulli?!“ gekritzelt. Irgendwie hätte das auch zu ihr gepasst: Möwen. Sie hat was Norddeutsches. Nicht nur, weil auf ihrer Strickmütze…
Schreib einen KommentarAls wir uns an der Pforte vorm Foyer treffen, weiss der junge Mann mit dem zartrosafarbenen Hoodie noch nicht, was ihn erwartet. Wir begrüssen uns im Regen, die Leute gucken, wie immer, wenn der menschliche Papagei in seinem pinken Rollstuhl irgendwo auftaucht. Ich hole die Tickets, kehre zurück, Simon hat…
Schreib einen KommentarIch habe Stückschreiben in Berlin studiert, sprich: zu viel getrunken und geraucht und mir über das Verhalten meiner Zeitgenossinnen und -genossen (und mich selbst) den Kopf zerbrochen. Um Operninszenierungen anständig zu lesen, fehlt mir vermutlich die sittliche Reife. Von empfehlenswerten Masterabschlüssen in Psychologie, Komposition und Dirigieren ganz zu schweigen. In…
Schreib einen KommentarVon Peter Steins Inszenierung des Vaudeville-Klassikers geht Alfred Schlienger also aus in seiner Kritik an Martin Laberenz Inszenierung von „Das Sparschwein“. Damals, vor 42 Jahren, habe er, Schlienger, im Publikum gesessen und sich totgelacht. Das, was am 17.12.2015 am Theater Basel Premiere hatte, nennt er in seinem Artikel vom 18.12.…
Schreib einen KommentarMIT WÄCHTER AM WEIHNACHTSMARKT Unterwegs in der echten Welt mit einem Schauspieler. Mittwoch, 9. Dezember 2015, 16:01 Uhr. Er lächelt mich aus einer gefühlten Höhe von 2,20 Metern an. Vielleicht denkt er: „Niedlich, der Kleine mit der Lederjacke und der bunten Kappe“. Vielleicht denkt er auch: „Hoffentlich war’s kein Fehler,…
Schreib einen KommentarNoch während der Einfahrt beginnen die Wartenden zu drängeln, als lauerten sie auf die Ausgabe von Hilfspaketen und nicht auf die Ankunft eines gottverdammten Zuges. Natürlich stehen alle falsch. Weil die Wagen nie dort halten, wo sie halten sollen. Vor allem aber, weil ein Großteil der bahnfahrenden Bevölkerung zu faul…
Schreib einen Kommentar1 Irgendwann wollte ich dazugehören. Einer von ihnen werden. Nicht so werden wie sie, das wäre töricht gewesen. Aber dazugehören. Eine Breitling anlegen und es normal finden, drei Mal im Jahr auf Mauritius surfen zu gehen. Essen zu gehen für den Preis eines klapprigen Gebrauchtwagens. Auf Dachterrassen sitzen, die zu…
2 KommentareEs ist immer noch eine meiner Lieblingsbeschimpfungen. Seit der Grundschulzeit eigentlich. Mit dem Wort “Ficken” werfe ich aus bemitleidenswert naiven Gründen irgendwie auch mit 31 Jahren noch sehr gerne um mich. Ursprünglich war es wohl der Reiz einer schmutzigen, das kleinbürgerliche Seriositätsempfinden perforierenden Formulierung, der mich angetrieben hat. Aber ist…
Schreib einen KommentarWer bin ich, dass ich Ziele haben täte? Weiß nicht mal, wer ich sein soll, wer ich wär’ Wenn man mich nicht beständig wer zu seien bäte Ohne den Zwang zu Sein wär’ Sein ja nicht so schwer. Was weiß ich, dass ich Meinungen verträte? Weiß nicht mal, wer mich…
Schreib einen KommentarSome years ago I stood on top of an almost abandoned five-story-building in Berlin and almost jumped. I am not a drama queen. I didn’t plan on doing it. I used to live in that house and actually only climbed up there in order to take some photos. I finally…
Schreib einen KommentarAb und zu ist es hier oder da aus mir herausgeplatzt. Dann habe ich mir die Hand am Schrank gebrochen, gegen den ich schlug. Mit Menschen kann ich so nicht umgehen. Kann mich nicht streiten, weil ich mich zurücknehme, mich selbst zensiere und immer, bevor ich meine eigenen Bedürfnisse in…
Schreib einen KommentarWoher die Wut?Wohin mit ihr?In diesen, in den nächsten Satz?Wie soll die Sprache diesem Hass genügen?Wie soll in Worten aufgehen, was in Gefühlen nicht zu fassen ist? Nähe zulassen und sie gleich darauf wieder, voll von Misstrauen und vorgefertigter Enttäuschung, zerstören.Zerhacken.Sie zerdreschen.Sie mit den Kiefern zermahlen wollendSie mit jedem Zug…
Schreib einen KommentarJFich glaube an den endsieg nochin meinem sechs fuß tiefen lochdie kameraden alle totliege ich hier in meinem kotund hoff und glaube fest darandass es mein volk noch schaffen kannweil mir sonst ja nichts übrig bleibthoff ich – quasi als zeitvertreibich drück die daumen (einer fehlt,nicht fair, wenn der deshalb…
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